19.03.21: Ausgabe der Abiturzeugnisse
Bericht: Herr Gutmann, Fotos: Herr Scheidel
Intelligence is...
Freitagnachmittag, es ist halb fünf. In der Aula stehen 20 Stühle in Corona-adäquaten Abständen und warten auf junge Menschen, die auf ihnen Platz nehmen. Die Stühle blicken auf die kleine Bühne, die an der großen grauen Wand mit dem Bild des lesenden Schülers aufgebaut ist. Dort prangt in großen goldenen Luftballon-Buchstaben ABI 21. Ansonsten ist die Schule leer, irgendwo pfeift der Wind durch ein nicht ganz dicht schließendes Fenster. Und hier soll eine feierliche Überreichung der Abiturzeugnisse stattfinden? Schwer vorstellbar.
Und dann ist es kurz vor fünf. Knapp 20 junge Damen und Herren in festlicher Abendgarderobe ziehen in die Aula ein. Und sie bringen Leben und Feierlichkeit in die Aula. Die goldenen Lettern und Ziffern beginnen sich in der bewegten Luft zu wiegen. Scheinwerfer werden angeschaltet, und die Bühne strahlt mit ihrem Pflanzenschmuck nun auch festliche Wärme aus. Ja, hier kann gleich etwas ganz Besonderes stattfinden.
Um fünf Uhr tritt der Schulleiter ans Rednerpult und begrüßt die erste Gruppe unserer diesjährigen Abiturientinnen und Abiturienten. Es ist ein komisches Gefühl, nicht alle "unserer Kinder" -- denn auch in Abendgarderobe und mit bestandenem Abitur im Gepäck sind sie das nach neun Jahren irgendwie immer noch für uns -- gleichzeitig in der Festhalle begrüßen zu können. Doch dann wird allmählich die Not ganz allein zur Tugend, es entsteht eine ganz innige Atmosphäre, in der die Abiturientinnen und Abiturienten sich nicht, wie traditionell üblich, _präsentieren_, sondern ein letztes Mal zu einer neuen Leibniz-Einheit zusammenfinden, aus der jeder einmal zur Bühne schreitet um das Abiturzeugnis überreicht zu bekommen.
Nachdem im ersten Durchlauf die Zeugnisse und die Preise verliehen, alle Abiturientinnen und Abiturienten fotografiert und die Grußbotschaften des Oberbürgermeisters, des Vorsitzenden des Fördervereins und der Schulelternsprecherin überbracht worden sind, sind alle, die nun gemeinsam mit den Stühlen und den Abi-Luftballons auf die nächsten Feiernden warten, ein wenig ängstlich, ob die warme, besondere Atmosphäre nicht nur ein falsches Versprechen des Anfangs war. Um kurz nach sechs ist klar, was mit der ersten Gruppe begann, wird über alle vier Gruppen halten. Unsere Schülerinnen und Schüler füllen an ihrer letzten Schulveranstaltung ihre Aula, ihr Schulhaus, noch einmal mit ehrlicher und inniger Freude und Feierlaune.
Ist auch die Zeit mit etwa einer Schulstunde pro Gruppe recht knapp bemessen, so hat doch jede Abiturientin und jeder Abiturient hier mehr Zeit, im wohlverdienten Rampenlicht zu stehen und sich feiern zu lassen, als es eine normale Abifeier im großen Rahmen je hergeben würde. Und dem Chronisten drängt sich im Laufe des Abends ein Gedanke auf: Normale Abifeiern sind immer auch und vor allem ein Abschied; diese Feier, die wir gemeinsam dem wütenden Virus abgetrotzt haben, ist ein Zusammenrücken, ein Zusammenwachsen.
Und noch etwas ist neu, anders -- und gut: Der Abschluss der Abiturrede des Schulleiters ist auch der Abschluss der Veranstaltung. Ein Kreis wird geschlossen. Herr Mohr gibt "seinen" Ehemaligen als Motto eine Sentenz des englischen Physikers Stephen Hawking mit auf den Weg: Intelligence is ...
...the ability to adapt to change.
(Nimm dies, Covid!)
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